Das Projekt „unsichtbar“ entstand aus der Intention ein Textil zu entwickeln, welches für Sehbehinderte und Sehende eine jeweils eigene Sichtbarkeit schafft. Der Fokus der Arbeit liegt insbesondere darin, verschiedene Komponenten für Sichtbarkeit so zu kombinieren, dass das Textildesign sowohl Sehbehinderten als auch normal sehfähigen Nutzern unterschwellige und dennoch eindeutige Orientierungselmente zur Raumwahrnehmung bietet.
Sehbehinderte werden im Gestaltungsprozess eines Designers meist nicht berücksichtigt, da sie eine zu kleine Zielgruppe darstellen und ihrem Ruf nach zu urteilen fast nichts sehen können. So geht es im Alltag für sie oft eher um akustisches oder taktiles Feedback. Beschäftigt man sich jedoch näher mit der Thematik, bemerkt man, dass sehbehinderte Menschen durchaus sehen können, nur eben anders. Sie können Gegenstände oft nur schemenhaft erkennen und Farben werden nur bei starken Hel- ligkeitskontrasten zugeordnet. Dennoch ist es nicht unmöglich sie in den Gestaltungsprozess zu integrieren. Durch Gespräche mit Sehbehinderten kristallisierten sich drei entscheidende Komponenten für die Sichtbarkeit klar heraus: Farbkontraste, Größe und Licht. Die genannten Gestaltungskriterien sollen im Projekt „unsichtbar“ in einem Textil so vereint werden, dass sie sowohl für Sehende als auch für Sehbehinderte „funktionieren“. Dabei geht es für die Sehbehinderten vor allem darum, dass sie das Textil und seine Gestaltungselemente erkennen können, ohne Hilfsmittel zu benutzen. Hierfür bot es sich an, großformatige gewebte Strei- fendesigns zu entwickeln, die für den Sehenden in sich gemustert sind, aber in den anliegenden Flächen einen starken Farb-/Helligkeitskontrast für den Sehbehinderten bilden. Diese sollten in der Größe so angelegt werden, dass sie von Sehbehinderten trotz undeutlicher Sicht gut erkannt werden können. Um das Design zu unterstützen und es auch bei weniger guten Lichtverhältnissen sichtbar zu machen sind zusätzlich eingewebte Lichtstreifen aus Glasfasern integriert. Die durch die Raumteiler geschaffene Raumaufteilung wird von normal Sehenden und Sehbehinderten gleichermaßen intuitiv wahrgenommen und genutzt.
Die Orientierungsfunktion wird so in einen unterschwelligen „unsichtbaren“ Bereich verschoben, sodass zwischen den verschiedenen Nutzergruppen nicht getrennt und in ihrer visuellen Orientierung im Raum eine Egalität entsteht.



